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Das bildnerische Alphabet


Spiele, Aufgaben und Anregungen


Das bildnerische Alphabet ist im Laufe meiner Seminartätigkeit als Werkzeug entstanden, um festgefahrene Bildstrukturen aufzuweichen und überraschende Offerten aus sich selbst heraus erwachsend zu gestalten. Diese sind aus der Fragestellung erstanden, wie ich mich befähigen kann, zu komplexen plastischen Formulierungen zu kommen. Das Studium der „großen” KünstlerINNEN in den verschiedenen Sparten untermauerten die Spiele, die in der Folge durch ihre Anwendung bei entsprechenden Fragestellungen meinerseits oder denen der TeilnehmerINNEN präzisiert wurden.

Sehr oft mußte spontan, in Pression die Spiel-Antwort gefunden werden, alle notwendigen Hilfsmittel für die Ausführung mußten in unmittelbarer Erreichbeitkeit sein. Dadurch entstanden einfache Lösungen. Sehr oft entstanden Antworten bzw. Form- und Techniklösungen , die nur auf die individuelle Fragestellung zu beziehen waren. Doch mit der Zeit entwickelte sich aus dieser Vorgehensweise heraus eine besondere Form von Spielen. Diese förderten bzw. stärkten bei der größt möglichen individuellen Freiheit für den Teilnehmer die eigene Handschrift in der Formulierung der Tonarbeiten. Zugleich wurden durch die Vergleichbarkeit der Arbeiten in den Gruppen beste Lerneffekte erzielt. Diese Aufgaben klammerten zudem die Gruppenarbeit so, so daß Profis und völlige Anfänger gleichermaßen zu guten Ergebnissen kamen, was zu einer sehr harmonischen, mitteilsamen Gruppendynamik beitrug.

Meist wurde die Antwortsuche zur Form und Inhalt über die Aufspürung einer neuen Technik erreicht. Obwohl die Spiele zur gleichen Zeit formuliert und exakt die gleiche Menge an Ton verbraucht wurde, kam es immer zu individuell gestalteten Formen, die Eigenarten bzw. Vorlieben sofort offenlegten und meine entsprechende Begleitung provozierte. Nach der Aufgabenbewätigung boten sich jeweils zwei Wege der Weiterführung an: entweder auf das vorherige Spiel bezogene, weiterführende Aufgaben, wie nun im folgenden vorgestellt werden, oder die individuelle Begleitung bzw. die Findung von Speziallösungen.

Das Kapitel ist grob gegliedert in Vorbereitungsspiele, einem Kernspielstrang, Speziallösungen und eine „Entspannungsaufgabe”.


Doch Vorab:

Diese Sätze fielen in den Jahren auf:

* Je prägnanter ein Vor-Bild besteht, um so klarer ist das Begreifen der plastischen Formulierung, um so stärker ist der eigene Eingriff in die plastische Formulierung.

* Die Summe aller durchgebildeten Details, auch wenn sie noch so klein erscheinen sollten, ergibt gute eine „Architektur” - einen guten Form-Grundgedanken als Voraussetzung!

* Im Aufbau entscheidet die ständige Überwachung der Konsistenz des Materials „Ton” über die Existenz der keramischen Arbeit. ist sie zu weich, geht die Elastizität verloren und die erhaltenswerten Spuren werden verwischt. Ist das Material zu steif, schränkt es die Bearbeitung im großen Maße ein.

* Die Bearbeitung von keramischer Masse definiert sich über Druck und Gegendruck.

* Die Auswahl der Werkzeuge und deren Handhabung entscheidet über die Frische und Spannkraft der keramischen Haut.

* Bedingt durch das sich Hineinarbeiten und - steigern in eine Arbeit kommt es mit der Zeit zu einer Verhaftung innerhalb der Nähe, die eine Übersicht vermissen läßt. Wichtig ist, den Abstand immer wieder herzustellen
... Das bildnerische Alphabet ist noch unvollständig ...


1. „Der lange Tisch”

Die Begleitung Ihrer Projekte, Initiierungen fächerübergreifender Aktionen und Formfindungsprozesse werden die inhaltlichen Komponenten dieser Seminarzeit sein. Gerade in unserem Gestaltungs- und Arbeitsbereich, zieht man den allgemeinen keram.-technischen Prozessen die persönlichen Bildfindungsprozesse hinzu, sind selbst die ausgeschriebenen drei Seminarwochen eine sehr kurze Zeit.

Um einen intensiven Einstieg in unsere Kursarbeit zu bekommen, biete ich Ihnen wie im vorigen Jahr ein Spiel an. Ich möchte es bezeichnen als langen „Tisch der eigenen bildnerischen Erfahrungen, Ereignisse und Ergebnisse”.

Fotokopieren Sie bitte jeweils auf DIN A 4-Format fünf Abbildungen von Werken untenstehender Sparten, die Ihnen mit der Zeit wichtig geworden sind;- vorbild- und sinnhaft-, bei denen man immer wieder in der Betrachtung und in der Reflexion der eigenen Arbeit haften bleibt.

* Kunst- und/oder Baustil
* MalerIN/ BildhauerIN
* Arbeiten von Kolleginnen/Kollegen
* Abbildungen der eigenen Arbeiten

Dasselbe Prozedere dann mit Abbildungen von Werken, die einem unwichtig, ärgerlich, kitschig etc. erscheinen.- Wichtig ist, daß die Auswahl spontan, ehrlich erfolgt und nicht (nur) vom Kopf gesteuert wird.

Nach der Sammlung der Abbildungen bitte ich Sie, alle fotokopierten Blätter nebeneinander zu legen („Tisch”) und herauszufinden, welche gemeinsame Nenner (fast) aller Abbildungen man unterlegen kann (z.B. Horizontale, Rundungen, Torsion oder inhaltliche Übereinstimmungen etc.).

Die Resultate der gefundenen „roten” Fäden könnten die ersten Eintragungen im kommenden Giessener „akademie”-Tagebuch sein, die Reflexionen schließlich und vielleicht als Initiierung dienen, eine Tastatur des eigenen bildnerischen Alphabets zu finden bzw. diese genauer zu betrachten.


2. „Eingrenzung ohne Grenzen”

Das abgebildete Kopieblatt bietet sich als ein Spielfeld an, das aus einem chaotisch zu nennendes Gemenge von schwarzen und weißen Flecken besteht, auf der „weiß” gegen „schwarz” oder umgekehrt um die Vorherrschaft zu streiten scheinen.

Ich bitte Sie, mit einem schwarzen Filzstift und weißer Farbe in das Feld so einzugreifen und damit so zu ordnen, daß für Sie „am Ende” nichts mehr hinzuzufügen bzw. nichts mehr wegzunehmen ist. Das Resultat soll für Sie eine bewußte und klare Äußerung darstellen.

Die erste Entscheidung wäre demzufolge: sehe ich zu- nächst das „weiß”, was ich ordnen möchte, oder das „schwarz”? Um sich in diese umseitige Bildfläche einzudenken, empfiehlt es sich, nur das mit weiß zu „entfernen”, oder das mit schwarz zu „schließen”, wo man sich in der Entscheidung sicher ist (Makro-Ordnung). Das heißt: die vorhandenen Strukturen ernst nehmend, also mit Respekt dem Vorgefundenem begegnend, sich behutsam (Schritt für Schritt) ordnend vorzutasten, um schließlich am Ende eine Zeichnung, eine Bildaufteilung oder sonst eine artifizielle Äußerung lediglich durch Wegnahme und Zufügung „aufzufinden”, vor sich zu haben.

Es empfiehlt sich der Übersicht halber. öfters Zwischenkopien zu tätigen. Protokollieren Sie die, diesen Prozeß begleitenden Gedanken.

3. „Schlamm-GutenTag-Spiel”

4. Rhythmogramme mit einfachen Hilfsmitteln

5. „Das Schattenspiel”

Diese Spiele sind noch nicht ausformuliert

6. „Vorstellung eines Backsteines”


Am Ende eines Vorstellungssgespräches stelle ich oft das „Individuum” eines handgeformten Feldbrandziegels in der Gruppe vor. Jeder der TeilnehmerINNEN nimmt dabei den „Backstein” in die Hände und zieht aus ihm gesicherte Informationen heraus. Anschließend wird klar, daß mittels keramischer Masse, sehr differenziert, klar und deutlich Spuren aufgenommen und bewahrt werden können. „Unser” Stein wies z.B. folgende Informationen auf:

1) Es ist ein handgeformter Ziegel (großen Unregelmäßigkeiten).
2) Er besteht aus einem grob schamottierten Ton.
3) Die Form wurde in eine Negativform geschlagen (die vier kurzen Kanten sind klar im Winkel ausgebildet),
4) und zwar 3 mal (seitliche Kerblinie).
5) Er besteht aus eisenhaltigem Ton (Rotfärbung).
6) Die großen Flächen sind die Unterseite bzw. die Oberseite. Die Unterseite ist die durch den Druck verdichtete Fläche.
7) Die Auflagefläche war ein Erdboden, leicht gewellt (Abdruck von Kieselsteinen).
8) Das überschüssige Material der Oberseite wurde bei der Herstellung in eine Richtung mit einem Schabgegenstand abgezogen (gerichtete Schleifspuren).
9) Es muß ein schneller Formungsvorgang gewesen sein, da oben das Abziehen des überschüssige Materials nicht ganz bis zu Ende geführt wurde und die Negativform schnell nach oben gerissen sein mußte (Wölbung der Unterseite. Es fehlte höchst wahrscheinlich auch das sog. Schmierwasser dabei. So ließ sich die Masse bei der Entnahme der Negativform schwer herausnehmen).
10) Dem Stein wurde eine Konsistenzprüfung unterzogen, oder er wurde zu früh umgestapelt (seitliche Fingerspuren).
11) Aufgrund der Größe der Fingerabdrücke ist gewährleistet, dass es ein männlicher Arbeiter war.
12) Der Ton muß beim Einschlagen in die Form sehr weich gewesen sein.
13) Aufgrund eines kleinen Trockenrisses an der Seite des Steines kann von einer Herstellung um die Mittagszeit ausgegangen werden.
14) Aufgrund der Feuerspuren ist festzustellen, dass der Stein in einem offenem Feuer, dem sog. Feldbrand, zu seiner Härte fixiert wurde.
15) Er wurde dabei hochkant für den Brand gestapelt.
16) Er muß im mittleren Bereich der Feuerzone sich befunden haben (Brennfarbe).
17) Aufgrund des Klanges betrug die Brenn-Temperatur ca. 1100 C.
18) Der fertige Stein war schon einmal verbaut gewesen ( Spuren von Mörtel).

7. „Ortsbestimmung - Formbestimmung”

Spurenfindungen klarer Negativflächen mit Hilfe dreier weicher Tonplatten, die anschließend zu geschlossenen Körpern formiert werden sollen.


1. Aufgabenstellung:

a) Sinnvoll ist es, diese Aufgabe besonders am Anfang eines Seminars zu stellen. Meistens sind die Örtlichkeiten den Teilnehmern nicht bekannt, so daß es zusätzlich ein Kennenlernspiel ist. - Es wird gebeten, mit drei weichen Tonplatten mit den ungefähren Maßen von 30 x 15 cm (nicht viel größer) Architekturnegative abzuformen, indem die Tonplatten auf Gebäudewinkelungen verschiedener Ausrichtung gelegt, und von hinten angedrückt werden sollen. Es sollen also klar gegliederte Zonen in Winkelformen gefunden werden. Diese Platten weisen nach dem Abdruck folgende Merkmale auf:

* Es ist ein selbstverständlicher Körper, der eine „gewachsenen” Klarheit überraschender Gliederungszonen aufweist.
* Durch den Andruck behält die Tonplatte die Spannkraft innerhalb der Fläche
* und die Binnenstrukturen der Flächen sind selbstverständlich verteilt.
* Alle abgenommenen Forminformationen erstrecken sich über die ganzen Tonplattenformate.


Neben dem Formungsgedanken ist der Grundgedanke, den Ort kennen zu lernen, sich intensiv mit diesem -auch in der Folgezeit- auseinanderzusetzen. Man geht souverän an die Aufgabe heran und hat als Folge auch in sich souverän gezeichnete und geformte Tonplatten. Diese Fundstücke drücken die eigene Ordnung der Formfindung materiell aus: Jede Drehung der Tonplatte beim Andruck ergibt ein völlig andere Formgliederung. Durch die klaren Flächen ist die Wiedererkennbarkeit der Architektur nicht gegeben, damit auch nicht die Dimension. Anhand dieser Aufgabenbewältigung kann man verschiedene plastische Phänomene erörtern. Zum Beispiel die Ablösungen von „Berg” und „Tal” in einem entschiedenem Grat bzw. in einem Kniff sozusagen als plastische Atmungsbewegung von konkav und konvex als Urprinzip. Die statische Bedeutung einer Faltung bzw. Knick für eine Fläche, ähnlich des Flankenschutzes bei einem Automobil.

b) Diese Formabnahme ist also ein Angebot von Gefundenem, aus der Spontaneität „ordentlich” entschieden. Nun sollen die drei Tonplatten an ihren Kanten montiert, zu einem geschlossenen Körper formiert werden. Es empfiehlt sich daher vor der Formabnahme nicht diese weiterführende Aufgabe zu erwähnen, da sonst Konstruktionsgedanken für eine weiteres Ereignis die eigentliche Aufgabe versperren würden.

Weil die drei Körperelemente aus den verschiedenen Architekturzusammenhängen stammen, meint man zunächst, dass diese Elemente überhaupt nicht für ein sinnvolles Konzert einer Formeinheit zu gebrauchen wären. Obwohl man zunächst nicht weiß, wohin die formale Reise bei dieser Aufgabe geht, geht man doch sicher ans Werk, der Mut zum Zugreifen wird provoziert, weil ja die Platten zusammengefügt sein wollen. Dabei konstruiert man nicht eine harmonische Spannung, sondern man geht damit um, in dem man „lediglich” die bearbeiteten Flächen addiert. Die Frage des Standpunktes einer Formaussage ist demnach nicht von vornherein geklärt, aber durch die Besetzung der Formabnahme und die Durcharbeitung und Ausarbeitung aller Montagezonen ergibt es ein dreidimensionaler, in sich stimmiger und überraschend verschachtelter Körper. Dabei hatte man zunächst nur den Überblick im Detail und wurde so behutsam auf das Ganze einer verständlichen Gesamtform durch das Tun, die Bearbeitung vieler Details, hingeführt. Dabei war die Aufgabenstellung, eine Geschlossenheit des Körpers herzustellen, wichtig. Es stellte sich als außerordentliche Disziplin heraus, sich nicht den formalen Angeboten im Tun hinzugeben, die Kanten z.B. zu Ohren und ähnlichem auszubilden. Auch bei grösseren Öffnungen wurde öfters um Umgehung der Aufgabe gebeten. Löcher hatten später, was die Dimension betrifft, dann natürlich ihre wichtige Aufgaben. So konnte die Dimension der Öffnung darüber entscheiden, ob der Körper eine Kathedrale oder ein Vogelhaus ist. War erst einmal die Form geschlossen, wurde die Wertigkeit aller formalen Ereignisse, und seien sie auch noch so klein, erst ermessen und die Übersicht vom Ganzen stellte sich ein. Dabei wurden die 3 anfänglichen Tonelemente nicht in ihrer Existenz negiert, lösten sich also nicht in der neuen Form auf, sondern sie waren unverzichtbar für die Gesamtform.


8. „Vor-Bild, Bausteine, Erden”

Klötzchennachbau einer komplexen und komplizierten Vor-Form
wie z.B. ein sitzender Mensch oder ein Stilleben.

Aufgabenstellung:

Als Einstieg habe ich zunächst das Einteilungsprinzip bzw. Proportionierungsangebot von Quadratur und goldenen Schnitt vorgestellt. Auch die These, dass jeder Mensch die Vorliebe für einer der oben vorgestellten Proportionen interniert hat.

Dann folgt die Aufforderung, einen 10 kg Hubel Ton in viele ähnliche Körper ohne Abfall aufzuteilen. Dies soll mit geraden Schnitten eines Messers ohne Zuhilfenahme einer Latte als Anlage erfolgen. Alle dieser Grundformen sollen 90 Winkel aufweisen und keine identisch zu den anderen sein. Dieses Potpourri stabiler Grundkörper soll, ähnlich der Farben auf der Palette eines Malers, dann zu einem überschaubaren „Manhatten” zusammengestellt werden.

Ausgangsüberlegung zu dieser Aufgabe war die Frage, wie kann ich mich befähigen, ein kompliziertes und komplexes Vor-Bild nachzuformulieren bzw. zu transformieren.

Eine Tonplatte soll nun als Spielfeld fungieren für die zugeschnittenen Bausteine, die im weiteren Verlauf keine nachträgliche Veränderungen erfahren dürfen und sämtlich verbaut werden müssen.

Die Bausteine sollen, dem Vor-Bild entsprechend, so gelagert, gestellt, gestützt werden, dass die Massen des Vor-Bildes mit Hilfe der Klötzschen nachgebildet werden. Es ist zunächst ein Statikspiel, die Quittung eines zu abenteuerlichen Aufbaus ist sofort ersichtlich und nachvollziehbar. Der Klötzchenbau fällt bei fehlerhafter Statik wie bei dem Kinderspiel um. - Hilfreich bei der Bewältigung ist die Mitteilung, sich um das Volumen des Vor-Bildes eine Folienhaut sich vorzustellen, um sich mehr Klarheit über den Körper zu machen.

Auch wenn nur wenige Elemente aus dem 10 kg-Batzen zum Bau zur Verfügung standen, alle Bausteine wurden durch die Anschauung des Vor-Bildes sehr bedachtsam, behutsam gesetzt.
Als Zwischenergebnisse entstanden sehr differenzierte, kubistische Formulierungen eines komplexen Vor-Bildes.

Der weitere Schritt:

Nun sollen die entstandenen Arbeiten möglichst auf einer Ränderscheibe plaziert werden, um drehend den Überblick ständig zu erhalten. Alle Zonen, die als sekundär betrachtet werden können, sollen eliminiert bzw. zurückgedrängt werden; alle primären Zonen gestärkt werden. Das soll z.B. durch „verschmieren” einzelner Nahtstellen zwischen den Bauklötzchen geschehen. Ziel ist die Zusammenziehung einzelner Bauteile, die Eliminierung der Kleinteiligkeit, um immer mehr ein Ensemble weniger Baukomplexe zu erhalten.

9. „Fachwerk, Matsch und geheimnisvolle Räume”

Skelettbau einer komplexen Figuration mit anschließendem Matschüberwurf.

Aufgabenstellung:

Es soll die Formfindung der 8. Aufgabe hierbei als Vorbild dienen. Masse soll nun aber ersetzt werden durch eine bewußt formulierten Unterkonstruktion aus Tonrollen. Diese Untergestelle sollen anschließend mit Tonschlick bedeckt werden, so dass diese Behautung der äußeren Erscheinung des Vorbildes ähnelt.

Die Rollen sollen mit weichem Ton gefertigt, und untereinander schnell und einfach zusammengekniffen werden. Wiederum soll eine Tonplatte für diese Arbeit als Fundament dienen.

Diese Aufgabe dient ebenfalls für ein gutes Verständnis von Statikempfinden. Obwohl mit ganz frischem Ton gebaut, kann man sofort die Statik durch Rüttelung der Bauteile prüfen.

Die Durchmesser der Tonwülste sollte im „richtigen” Verhältnis zum Vorbild getroffen werden. Fingerzeig-dicke Rollen wurden für eine ca. 70 cm hohe Figur als angemessen erachtet.
Als Grundformation des kleinsten statischen Moduls einer Figur wurde eine „Zeltkonstruktion”, ähnlich der Fingerabspreizung von Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger, angesehen.

Am Ende des ersten Bauabschnittes steht eine z.T. sehr engmaschige Stellage auf der Bodenplatte, die, zöge man eine Folienhaut über sie, dem Körper der Äußerlichkeit nach ähnelt.

Dieses Fachwerk soll nun im zweiten Schritt mit Tonfladen rhythmisch ausgekleidet werden, - auch im Inneren des Gerüstbaus. Durch diese „Stellwände” entstehen geheimnisvolle Räume im Innenbereich und eine rhythmische äußere Behautung der Arbeit.

Der weitere Schritt:

Nun soll diese Skelettkonstruktion mit den Verlappungen mit Tonfladen so mit Tonschlicker betupft werden, daß jegliche Form der Unterkonstruktion nicht mehr wahrnehmbar ist. Durch dieses Zurückdrängen bzw. Aufheben der Konstruktion durch „Matschüberwurf” wird dem Körper des Vorbildes immer näher zugearbeitet. Alle Bauteile schließen sich zu einer Einheitlichkeit, der Körper wird klarer.

Obwohl zwei Konsistenzen eines Materials hier verarbeitet wurden, - für den nassen Schlammüberwurf ist eine gute Statik wirklich erforderlich -, ergibt sich, bei Abdeckung über Nacht mit einer Schutzfolie, eine Qualität von Material, die nun mit Ordnungswerkzeugen gepaddelt oder gewiegelt zu spannungsreichen Oberflächen gestaltet werden können. Auch hier ist wieder anzumerken, daß zunächst nur die Zonen gepaddelt werden sollten, wo man sich sicher ist.

Durch diese Vorgehensweise des Schlammüberwurfes wird „zum Schluß” die Frage auftauchen, welche Öffnungen offen bleiben sollen. Alle Öffnungen haben einen gewachsenen Charakter, wie im übrigen auch die Haut nach der Paddelung. Bedingt durch diese Öffnungen wird angezeigt, daß der keramische Körper nicht massiv ist, das Gefühl für die Schwere der Plastik deckt sich mit dem visuellen Eindruck des Körpers. Diese Löcher fordern auf, in den Körper auch hineinzuschauen, ihn zu ergründen, die nun auch, durch die eingebauten Stellwände, die Sicht in geheimnisvolle Räume freigeben. An der zum Schluß bearbeiteten keramische Plastik sind an ihrer äußeren Haut die Ereignisse im Inneren, dem Skelett, ablesbar.

10. „Plattenbau mit Abnähern”

Selbst-bewußte Formung mit Tonplatten zu einem geschlossenen Körper

Diese Übung ist gedacht als Einstieg in die Plattentechnik. Dabei soll ein Detail aus den bisherigen Formulierungen von den Aufgaben 8 und 9, die man gefunden hat, als Ausgang dieser Aufgabe dienen. Es soll eine als gelungen erachtete Bearbeitungszone übertragen werden von einer Technik in eine andere. Zunächst sollen die plastischen Hauptereignisse dieser Zone mittels Kochlöffel für gebogene Zonen und einem handlichen Vierkantholz für die geraden Ereignisse auf/ in eine weiche Tonplatte übertragen werden.
Bei diesem Vorgang ist die Formung mittels Druck und Gegendruck besonders anschaulich. Man hält z.B. das Holz mit der rechten Hand auf die Fläche, um gleichzeitig mit der linken Hand von hinten dagegen zu drücken. Die Tonplatten dürfen deswegen auch nicht zu dünn ausgeführt sein (ca. 2 cm). Am Schluß der Bearbeitung einer Platte ist der vormalige Flächenkörper im Resultat gleich einer Membrane , Resultat der Vorder- und Hinterkräfte.

Gleich einem Schnittmuster der Vorstellung entsprechend viele Teile angefertigt, die dann an den Kanten zu einem geschlossenen Körper zusammengefügt werden sollen; meist mit „Abnähern” versehen, um an das ersehnte plastische Ziel zu gelangen. Wie bei Aufgabe 7 fügt man bearbeitete Platten zu einem Ganzen zusammen, nun aber bewußt mit einem konkreten Vorbild. Um keine statischen Vorüberlegungen anstellen zu müssen, schlage ich eine kleine Dimension dieser Arbeit vor.

11. - 16. sind noch nicht ausgearbeitet

17. „Die Lebensbeichte der Materialien”

Ein Loblied auf den Schrottplatz

Mehrere Gründe sprachen dafür, wenigstens einmal während eines Seminars auf den Schrottplatz zu gehen:

- Die Anhäufung von geschichtlichen Materialien mit Geschichten können in der Bedrängnis und Nachbarschaft der Dinge neue Form- und Materialverknüpfungen zur folge haben.

- Man krabbelt in Räume der Unordnung, um mit seinem Ordnungswillen - passiv oder aktiv - neue Ordnungen herzustellen.

- Bei anfänglicher Unübersichtlichkeit des Chaos von Materialien entwickelt sich der Blick mit der Zeit und dem Seh-Training in der Vielseitigkeit der Dinge auf das Wesentliche und leitet damit zum verständnisvollen Betrachten über.

- Dem Metall merkt man, ähnlich unserem Material, die vormalige Weichheit an, und kann oft zur Vorbidfindung dienen.

- Nicht alle statischen Formulierungen sind in Ton zu bewältigen. Mit filigranem gefunden Metallteilen sind neue statische Erprobungen möglich, genauso auch Materialkombinationen.

- Gefundene Schrottteile können nicht nur real mitgenommen werden, sondern auch in Form von Gedanken, Gedichten, Zeichnungen oder Geschichten, - entweder so als Endprodukt, oder auch als Vorbild für eine anschließende plastische Umsetzung.

- Es ist eine andere Kraft erlebbar.

- Nach der Findung besonderer Formen und Materialien wird man ungefragt aufgefordert, das Gefundene zu sondieren, Entscheidungen zu verwerfen, sich zu beschränken, weil man schnell einsieht, daß man nicht alle lieb gewonnenen Materialen mitnehmen kann.

- Ein Schrottplatz hält uns ein Superangebot an Sockellösungen bereit.

- Man kann zum Archäologen von Prozessen auf diesen Plätzen werden und Zuhörer der Erzählungen von Materialen werden.

- Man kann über Werden und Vergehen an diesen Orten besonders eindrucksvoll reflektieren.

- Achtung!: ”Materialisten” können aufgrund des Überangebots von Texturen und Strukturen „besoffen” werden.

18. „Der Skulpturenpark”

Zwei Aufgabenvariationen, um in kurzer Zeit
eine Landschaft von übersichtlich kleinen plastischen Äußerungen herzustellen.

1. „Der Schlingentanz”

Bei dieser Aufgabe soll ein massiver Tonblock mehrmals mit einer Töpferschlinge bzw. einem Draht rhythmisch durchschnitten werden. Der Tonblock sollte ungefähr 6 - 8 kg wiegen, und in optischen 90-Winkeln geschlagen werden. Jeder seiner Seiten soll mindestens einmal mit dem Draht zerteilt werden, ohne ihn auseinander fallen zu lassen. Bei diesem Vorgang empfiehlt es sich auf eine Musik zu achten, zu singen oder ein visuell-rhythmisches Angebot aus der näheren Umgebung als Vorbild zu nehmen. Danach sollen die durch die Schnitte entstandenen Einzelteile vorsichtig aus diesem Block zerlegt werden. Diese Elemente sollen anschließend in neue Sinn- und Formzusammenhänge neu organisiert werden. Dabei empfiehlt es sich, sich auf 3-er, 5-er oder 7-er-Element- Figurationen zu beschränken. Es entstehen also mehrere Figuren, die durch ihre selbstverständliche, durch den Schnittprozeß gewachsene Formstruktur, stabile Vorbilder für größere Arbeiten liefern könnten.

1) Variation

Ein länglicher Block soll im oben beschriebenen Sinne zerteilt werden, die Einzelelemente aber nicht sofort abgenommen werden. Nämlich zwischen ihren Flächen soll nach dem „Schlingentanz” Sand oder andere „Trennmittel” wie z.B. Asche gestreut werden. Nimmt man sofort alle Teile auseinander, verliert man sonst die Übersicht. Nach dem zwischen alle Flächen ein Trennmittel gestreut ist, also eine Haftung zwischen den Elementen ausgeschlossen ist, treibt man den zuvor länglichen Grundkörper mit einem Holzhammer oder einem Brett in die entgegensätzlich Richtung. Dabei muß man achten, daß der Grundkörper nicht auseinander fällt. Zum Schluß verfährt man mit der Zerteilung des Körpers wieder so, wie es oben beschrieben ist. Bei dieser Variation entstehen weichere Formen, die zusätzlich schon eine bearbeitete Oberfläche aufweisen.


2) Variation

Wie bei der Grundvorstellung verfahren und alle Teile auseinander nehmen. Hierbei können andere Grundformen, wie z.B. eine Kugel als Grundkörper genommen werden. Nach diesem Verfahren der Schnitte, langsam den Körper rundherum behutsam öffnen, um ihn leicht versetzt wieder neu zu schließen. Aufgrund der Feuchtigkeit braucht man keinen Schlicker zwischen den Elementen aufzubringen. Es entstehen Körper mit Ein- und Durchblicken und verschobenen, selbst- verständlichen Körperverschachtelungen.

2. „Handgreiflichkeiten”

Kleine Pflaumen-große Tonkugeln sollen zwischen den beiden Händen mit einem einmaligen, nicht zu hastigen Druck gequetscht werden. Die Zonen, die durch den Druck der Hände nicht berührt werden, sollen auf einer glatten Unterlage z.B. die eines Tisches zu einer ruhigen Fläche verdichtet werden - dabei nicht die Druckform aus der Hand geben. Anschließend langsam die Form aus der Hand legen.

Es entsteht bei beiden Spielen ein Panoptikum von zahlreichen Formen, das die Erinnerung an einen Streifzug durch die Kunstgeschichte wachrufen läßt. Es empfiehlt sich, jede gefundene Figuration auf einem „ruhigen” Tonklotz zu montieren. Nach dieser Montage wird sofort eine Monomentalität in der Kleinheit sichtbar, die sofort anhält, ausgesuchte Figurationen als Modelle für größere Tonarbeiten zu projektieren.