Harald Jegodzienski
Das Ende der Zurückhaltung

2016

Wenn wir meinen sollten, auf einer
Wellenlänge uns zu befinden, fußt
diese Annahme auf 400-jähriges Wissen:
Alles ist Schwingung, - demnach auch
wir. Mit diesen Schwingungen sind wir
mit allem und jedem direkt verbunden.
Grenzenlos. Wo hätte da das „ICH“ eine
wie auch immer geartete Grenze? Somit
dürfen wir uns auch alle auf das Engste
verbunden erfahren.

ICH bin WIR – WIR sind ICH

   An mehr als zehn gedeckten Tischen, ebenso vielen Städten und Stätten, mit guten Freunden und viel Zeit, gab es durchweg ein beherrschendes Thema, das wirklich jeden von uns auf das Engste bewegte: Flüchtlinge waren auf dem Weg, und das zu Tausende und dies an jedem Tag.

   Obwohl alle Gesprächspartner Diskussionsfreude ihr Eigen nennen konnten, beherrschte Sprachlosigkeit zunächst die Runden: Die Gedankeninstrumente schienen für solch ein Szenarium nicht richtig justiert, - ein vorsichtiges Tasten an vermeintlich Faktischem war Gebot der Stunde. In einem jeden Inneren rumorte es gewaltig. Ach ja, - die Kolonialinvasion vor fast 150 Jahren könnte der Nährboden für die jetzige Situation herhalten. „Wisst ihr noch, es gab doch die Kolonialwarengeschäfte in den 1950-igern?“. Wir haben alles aus diesen Ländern herausgesaugt und uns damit mächtig geschmückt. Wir haben erobert und dies rigoros. Nun kommen die, die in den ehemaligen Kolonien ausgebeutet wurden, mit Vehemenz zu uns, dass es uns die Luft verschlägt. Was für eine Balance, was für eine Bilanz!

   Und wenn dieses Generalthema scheinbar abgearbeitet schien, taten sich sperrangelweit die Tore für die weiteren Geschehnisse dieser Zeit auf: Der Grund eines der Flüchtlingsströme, - der tobende Syrienkrieg. Und war die äußerst verworrene Lage dieses Landes, - wo jeder gegen jeden Krieg führt -, einigermaßen mit Hintergrunds Wissen aller beteiligten Gesprächspartner abgearbeitet, wurde stets das Lamento furioso auf die politische und wirtschaftliche Allgemeinlage erhoben, - mit all den Gemeinheiten, die Menschen in der Lage sind, in diese Welt einzupflanzen. Nach mehreren Stunden ging man dann ob der Fassungslosigkeit der momentanen Weltlage konsterniert und wenig hoffnungsfroh seiner getrennten Wege.

   Diese immer ähnlichen Diskussionspfade in einer relativ kurzen Zeit ließ uns fragen: Gibt es wirklich keine Hoffnung, - ist die Verwirrtheit dermaßen, dass es kein Entrinnen mehr gibt?

   Vielleicht muss man dieses Szenario in der Gedrängtheit auch so erleben, dass solche Fragen gestellt werden können und man auf Suche nach einer überraschenden, auflösenden Antwort geht ...

   Es inspiriert mich an dieser Stelle, über das Gefüge der Polarität nachzudenken. In diese Struktur von Polarität sind wir all gegenwärtig verwoben und werden stets mit dieser Gegensätzlichkeit konfrontiert und aufgefordert, Antworten zu kreieren. Ein wunderschönes Symbol von Polarität ist dabei das „Yin-und-Yang-Zeichen“. Das Helle schmiegt sich ohne Zwischenraum an das Dunkele, - den Samenkorn des jeweilig anderen in seinem Inneren. Eine totale Balance spiegelt sich hier, - dies gefasst in einem vereinenden Kreis. Keine Macht nimmt dabei eine vorrangige Position ein.

   Wenn nun die Weltlage dermaßen als dunkel zu bewerten ist, - dies übereinstimmend kollektiv -, muss dem Gesetz der Polarität folgend, das Helle ebenso mächtig ausgeprägt sein, wie eben das Dunkele. Wir könnten also vom Chaos-Szenario der Jetzt-Zeit etwas sehr positives ablesen: dass wir zurzeit ebenfalls in einer sehr mächtigen Helligkeit zuhause sind.

   Wir dürfen und können mit unserem Bewusstsein dem Geschehen eine spiralförmige, nach oben hin sich entwickelnde Richtung geben, - sind befugt und ebenfalls befähigt, gleichermaßen den anderen Pol aufspüren zu helfen.

   Das Helle macht nicht mit „Paraden“ auf sich aufmerksam. Die Parade ist jedoch in unserem Inneren auf Habacht-Stellung. Wir dürfen entdecken! Dabei sind Anfangsimpulse solcher  Entdeckungen stets Aufmerksamkeiten,- nicht auf die vorherrschenden Moden gerichtet -, sondern die das wirklich Innere eines Menschen berühren. Diese entsprechen dann Haltepunkte, eine Art persönliche „Angelhaken“ im Strom unseres Lebens. Das bedeutet, mit Achtsamkeit das Leben zu erLeben, den Träumen nachzuspüren, den Inspirationen nachzugehen - und auch  die „Paradebereitschaft“ bei anderen aufspüren helfen und gemeinsam Helligkeit bewusst in die Welt zu setzen