Den Zyklus
„Erdtöne” konzeptierte ich, um Malerei,
Musik und Skulptur sinnvoll zu verbinden. Es handelt sich bei
dieser Verknüpfung zunächst um mehrteilige und umfangreiche Strukturpartituren,
- Filter meiner Erlebnisse und Gedanken. In diesen linear gegliederten
Schwarz-Fleck-Strukturstreifen-Partituren von mir sind Themen,
Phrasierungen und Gliederungen der einzelnen Sätze bildnerisch
festgelegt. Sie sind gleichzeitig Grundlage einerseits für mich
als Maler und Bildhauer, aus denen ich Informationen für Bilder
und Skulpturen herausziehe, andererseits für die Musiker und Komponisten,
die hieraus ihre spezifischen kompositorischen Umsetzungen entwickeln.
Für die Musik entstehen aus diesem Strukturangebot Spielpartituren,
die im Laufe ihrer musikalischen Realisation im Sinne synästhetischer
Verknüpfung abstrakte Zeichen mit Tonkomplexen vereinen. Es sollte
und soll keine oberflächliche Abstraktion zwischen Bildinformationen
und Musik erfolgen. Diese musikalische Verarbeitung des bildnerischen
Materials geschah und geschieht weiterhin im ständigen Austausch
zwischen mir und den Komponisten/ Musikern, eine prozessuale Bearbeitung
also auf der Basis von vergleichbaren künstlerischen Arbeits-
und Denkweisen.
Der Komponist und Musiker Martin Speicher: „Das
Besondere an den musikalischen Umsetzungen der „Erdtöne”
ist nicht, daß es sich dabei um eine weitere Form der Vermischung
komponierter und improvisierter Strukturen handelt, wie sie bislang
- von der „Neuen Musik” bis zum zeitgenössischem Jazz - üblich
waren und sind, sondern daß es sich hier um eine „optionale
Musik” handelt, die in ungewohnter und neuer Art die Komposition
improvisiert und die Improvistoren komponiert.
Vonnöten sind Musiker, die in vielerlei Hinsicht
dem Prozeß der Arbeit am musikalischen Material aufgeschlossen
gegenüberstehen und eine hohes Maß eigener kreativer Energie mitbringen.
Das Spezifische an der Komposition
„Erdtöne” ist der Versuch, das Entstehen der Musik aus
dem Blickwinkel frei improvisierter Musik zu fördern. Das
Spezifische frei improvisierter Musik als Produktionsprozeß liegt
u.a. in der unmittelbaren Asynchronität der Ereignissse (im Gegensatz
zur exakten Berechnung der Zusammen-klänge einer Komposition).
Gleichzeitig ist jeder Musiker frei, sich selbst als einzelne
Stimmme aus einer Gruppe von Musikern heraus-zunehmen. Drittens
bleibt das muskalische Material in der Art seiner Handhabung dem
jeweiligen Potential eines Musikers überlassen.
Das Ergebnis ist eine immer wieder anders anzuhörende,
dreifach optionale Musik:
1. Die Option des selbst zu bestimmenden Einsatzes
(Aspekt der Asynchronität).
2. Die Option, überhaupt nicht zu spielen (Stille).
3. Die Option, Dauer und Varianten dem allgemeinen
Spielprozeß anzupassen.
Klar ist, daß diese Art Komponieren von Improvisatoren
anders funktioniert als der übliche Ablauf der Gegenüberstellung
von komponierter und improvisierter Ebene. Dies deshalb, weil
der Umkerhrschluß der obigen Formel gleiche Gültikeit besitzt:
das Improvisieren der Kompositon.
Neben einer speziellen Ausprägung des rhythmischen
Vokabulars - mit bestimmten rhythmischen Keimzellen für jedes
Instrument - war die selbstgestellte Aufgabe in den letzt formulierten
”Erdtönen” die Auseinandersetzung mit einem ungeliebten Aspekt
der freien Improvisation: Der Harmonie, dem harmonichen
Zusammen-spiel oder auch dem harmonischen Feld (letzteres
erwies sich als besonders fruchtbar im Hinblick auf die immanenten
Möglichkeiten der Asynchronität.”
Der bildnerisch und musikalisch entwickelte Zyklus
„Erdtöne” umfaßt bisher die „Notation
der Diagonalen” in den Versionen eines Duos und eines Kammerorchesters,
die „Notation des Lots” für elektroakkustisches Quartett, die
„Notation der Vertikalen” für Solo, die „Notation der Liebesschrift”
(Duo) und eine “Kombination” von einem Satz der “Notation des
Lots” mit Klängen von Mozart.
„Notation der Diagonalen”
”Ramasuri”
„Notation
des Lots”
„Notation
der Liebesschrift”
“Kombination
…”
„Notation
der Vertikalen”
„Notation
des Schattenlächelns”
„Notation der Diagonalen”
(Mont Blanc)
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Uraufführung für Duo am 18. 11. 1995
„Theater im Löbershof”, Giessen
Komposition: Martin Speicher
Baß: Georg Wolf
Reeds: Martin Speicher
Uraufführung für Orchester am 18. 9. 1996
„Bibliothek - Alte Uni”, Giessen
Komposition: Martin Speicher
„Living Sound Orchestra”
1. „Gestapelte Schatten”
2. „Langsam ansteigend”
3. „Flußsteine”
4. „Giebel im Schattenreich”
5. „Felsengarten”
6. „Steindach”
7. „Erstes Geröllfeld”
8. „Eiskalter Spiegel”
9. „Die Wand und der Vogelflug”
10 „Steil ansteigend”
11.1 „Überblick”
11.2 „Überblick”
11.3 „Überblick”
11.4 „Überblick”
11.5 „Überblick”
11.6 „Überblick”
12. „Zenit”
13.1.1 „Standpunkt”
13.1.2 „Standpunkt”
14.1.1 „Flirrende Ferne”
14.1.2 „Flirrende Ferne”
14.1.3 „Flirrende Ferne”
14.1.4 „Flirrende Ferne”
”Ramasuri” (New York)
Uraufführung am 9. 2. 1997
Theater im Löbershof, Giessen
Komposition: Herk Röpe
O-Ton-Bandaufzeichnung aus New York: Harald Jegodzienski
Norbert Pahl - Stimme
Petra Goldack – Trompete
Norbert Bischof – E-Gitarre, Synthesizer
Herk Röpe – Schlagzeug, Orgel, Zuspielband
„Notation des Lots” (Kreta)
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Uraufführung für Quartett am 3. Nov. 1997
Altes Schloss, Giessen
Komposition: Martin Speicher
Percussion: Michael Vorfeld
Kontrabass: Georg Wolf
Gitarre: Hans Tammen
Klarinette/ Saxophon: Martin Speicher
CD: HMP CD 17 GEMA DDD LC 5973
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